Unternehmen wählen ständig: Software, Partner, Tools, Lieferanten. Auswahl ist Alltag – und trotzdem fühlt sie sich nicht selten wie ein Ausnahmezustand an. Auswahlprozesse können aufwendig und mühsam sein – und sie führen erstaunlich oft nicht zum gewünschten Ergebnis. Warum? Weil richtiges Auswählen schwer ist. Und weil nicht erfolgreiche Auswahlverfahren nicht nur Frust, sondern auch Sunk Costs – versunkene Kosten – erzeugen. Kosten, die nicht mehr rückholbar sind.
Was dabei oft übersehen wird: Die Auswahl selbst ist kein isolierter Akt. Sie ist eingebettet in strategische, organisatorische und emotionale Kontexte. Und genau deshalb ist sie so anspruchsvoll. Eine Auswahlentscheidung betrifft selten nur das Produkt oder den Partner – sie berührt meist direkt und indirekt auch Prozesse, Verantwortlichkeiten und manchmal sogar die eigene Glaubwürdigkeit im Unternehmen.
Sunk Costs sind nicht nur ein finanzielles Problem, sie hinterlassen meist auch eine psychologische Last. Wer einmal falsch entschieden hat, geht beim nächsten Mal mit extremer Vorsicht, Unsicherheit oder sogar mit Angst in den Prozess. Die Auswahl muss „sitzen“. Es darf kein Fehler passieren. Und genau dieser Druck führt oft dazu, dass Unternehmen sich in Verfahren verlieren.
Die Folge: Entscheidungen werden aufgeschoben – oder unter hohem Erfolgsdruck getroffen. Beides kommt häufiger vor, als vielen bewusst ist. Beides ist gefährlich. Denn in Auswahlprozessen, die unter Druck entstehen, neigt man dazu, wichtige Aspekte zu übersehen. Man fokussiert sich auf das Offensichtliche, nicht auf das Wesentliche. Und man ignoriert oft die Dynamik, die innerhalb der Organisation wirkt.
Dabei wäre gerade hier Struktur gefragt. Eine gute Auswahl beginnt nicht mit dem Marktüberblick, sondern mit der internen Klärung: Was brauchen wir wirklich? Wer entscheidet mit? Welche Kriterien sind relevant – und warum? Diese Fragen sind nicht nur methodisch, sondern auch kulturell entscheidend. Sie berühren die Identität der Organisation, ihre Werte und ihre strategische Ausrichtung.
Sunk Costs sind das Ergebnis. Die Ursachen liegen tiefer – in den Mustern, die sich durch Auswahlverfahren ziehen. Und diese Muster sind erstaunlich konstant. Wir hören sie von Kunden, erleben sie in Projekten, sehen sie in Organisationen jeder Größe.
Ein typisches Beispiel: Die Anforderungen an Software, Partner oder Tools sind nicht vollständig erhoben. Sie sind nicht priorisiert, nicht kontextgerecht formuliert – manchmal schlicht zu komplex, um sie in einem einzigen Workshop zu erfassen. Und doch bilden sie die Grundlage jeder fundierten Auswahl. Aber: Ohne klare Anforderungen wird selbst die fundierteste Entscheidung schnell zur Annahme.
Gleichzeitig stehen Unternehmen vor einer unüberschaubaren Vielfalt an Optionen. Die Anbieterlandschaft ist fragmentiert, die Unterschiede oft nur im Detail erkennbar. Ohne strukturierte Kriterien, ohne Marktkenntnis, ohne Erfahrung wird die Auswahl zur Lotterie. Je größer die Auswahl, desto höher meist auch die Unsicherheit – und desto wahrscheinlicher das Risiko, sich zu verzetteln.
Hinzu kommt die interne Dynamik: Auswahlprozesse sind nie nur fachlich. Sie sind immer auch politisch. Unterschiedliche Interessen, Perspektiven und Prioritäten prallen aufeinander. Stakeholdermanagement wird zur Hauptdisziplin – und zur Hauptquelle für Reibung. Wer hier nicht moderiert, verliert. Die Entscheidung wird zum Kompromiss.
Und selbst wenn die internen Fragen geklärt sind, fehlt oft der Blick nach außen – Stichwort Marktkenntnis. Sie erfordert Zeit, Erfahrung und analytische Tiefe. Doch genau daran mangelt es häufig. Die Folge: Entscheidungen basieren auf Annahmen, nicht auf Wissen. Man verlässt sich auf das, was man kennt – und übersieht, was man wissen müsste.
In solchen Situationen wird oft „aus dem Bauch“ entschieden. Wenn es schnell gehen muss, wenn Ressourcen fehlen oder wenn die letzte Auswahl schiefging, erscheint Intuition als Ausweg. Das ist nachvollziehbar – aber riskant. Denn gerade dann braucht es eine belastbare Methode. Struktur. Klarheit. Bauchgefühl kann ein wertvoller Impuls sein – aber nur selten eine tragfähige Entscheidungsgrundlage.
Findet ihr euch wieder? Viele dieser Schmerzpunkte sind keineswegs theoretisch. Sie spiegeln wider, was wir in Projekten regelmäßig hören, sehen und erleben. Bei weitem sind das nicht alle Herausforderungen, aber sie machen deutlich: Auswahlverfahren werden häufig unterschätzt und zu locker behandelt. Und genau hier setzt unsere Arbeit an: nicht mit dem Fingerzeig, sondern mit einem strukturierten Zugang zu den tatsächlichen Herausforderungen.
Das muss nicht so bleiben. Die Suche nach einem geeigneten Partner kann anders laufen. Sie muss nicht mühsam, schmerzhaft oder chaotisch verlaufen. Auswahlprozesse lassen sich in vielen Fällen gestalten, strukturieren und methodisch umsetzen – wenn man sie bewusst angeht.
Wer Auswahl als strategischen Prozess versteht, nähert sich in der Regel anders: Mit Klarheit über Ziele und Kriterien, einem strukturierten Vorgehen, das Raum für Reflexion lässt, und mit einem gemeinsamen Verständnis darüber, was eine gute Entscheidung ausmacht.
Ebenso hilfreich ist die Perspektive, Auswahlprozesse als strategische Chance zu begreifen. Denn wer auswählt, gestaltet Zukunft. Man entscheidet über Tools und Partner und beeinflusst damit Zusammenarbeit, Prozesse und Kultur. Gute Auswahlverfahren garantieren keinen Erfolg – sie erhöhen aber die Wahrscheinlichkeit, dass Entscheidungen wirkungsvoll und nachhaltig sind.
Es gibt Methoden, die Orientierung bieten, Prinzipien, die helfen, Komplexität zu reduzieren, und Erfahrungen, die zeigen, wie man aus Unsicherheit Klarheit gewinnt. Unser Ziel ist es, Auswahlverfahren so zu gestalten, dass sie befähigen statt lähmen.
Wie das im Detail funktionieren kann – und wie man Auswahlprozesse von Anfang bis Ende sinnvoll begleitet – zeigen wir in den kommenden Wochen in unseren LinkedIn-Beiträgen und im Blog.
Dabei werden wir euch auch die Phasen von Select with Poesis genauer vorstellen:
Die Vorbereitung: Die Phase „Vorbereitung“ schafft Klarheit über Ausgangslage, Ziele und Entscheidungsrahmen – sie ist das Fundament für einen strukturierten Auswahlprozess. Aufgabenpakete wie Stakeholder-Analyse, Zielbildschärfung und Setup-Design helfen, interne Unsicherheiten zu reduzieren und eine gemeinsame Ausgangsbasis zu schaffen.
Listing/Selektion: In der „Listing“-Phase wird der Markt systematisch sondiert und potenzielle Optionen werden identifiziert und strukturiert. Arbeitspakete wie Longlist-Erstellung, Anbieteransprache und Anforderungsabgleich sorgen für Transparenz und Vergleichbarkeit.
Evaluation: Die „Evaluation“-Phase bringt Struktur und Objektivität in die Bewertung der Optionen – sie ist das Herzstück der Entscheidungsfindung. Mit Aufgabenpaketen wie Bewertungsformaten, Scoring-Modellen und Entscheidungsdialogen wird aus Meinungsvielfalt ein tragfähiger Konsens.
Onboarding: „Onboarding“ begleitet die Kommunikation der Entscheidung und sorgt für nachhaltige Verankerung des Partners in der Organisation. Aufgabenpakete wie Planung der Zusammenarbeit, Kommunikation und Contracting sichern, dass die gewählte Lösung nicht nur passt – sondern auch wirkt.
Wer sich in diesem Beitrag wiedererkennt, ist nicht allein. Viele der skizzierten Schmerzpunkte treten häufig auf – aber sie sind nicht unvermeidbar.
Auswahlverfahren müssen nicht zwangsläufig mühsam sein. Sie können Klarheit schaffen, Orientierung geben und dabei helfen, Vertrauen aufzubauen – Wenn man sie richtig angeht und bewusst gestaltet. Und genau dafür haben wir SELECT WITH POESIS konzipiert– unser Framework für Auswahlverfahren, das methodische Tiefe mit praktischer Umsetzbarkeit verbindet und Orientierung in komplexen Entscheidungssituationen bietet.
Vielleicht beginnt Veränderung genau hier: mit der Erkenntnis, dass Auswahl nicht nur Mühe macht – sondern auch Wirkung entfalten kann, wenn man sie strukturiert angeht.

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